Newsletter November 2017
Scheidungskosten nicht mehr abziehbar
In einem am 16.08.2017 veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs wurde darüber entschieden, dass bei einer Scheidung keine existenzielle Betroffenheit gegeben ist und daher der Abzug als außergewöhnliche Belastung grundsätzlich ausgeschlossen ist.
Seit der Änderung des § 33 EStG im Jahr 2013 sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) grundsätzlich nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Eine Ausnahme bilden lediglich Kosten, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen könnte.
Im aktuellen Urteil hat der BFH entschieden, dass die Kosten für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse aufgewendet werden. Das wäre nur der Fall, wenn die wirtschaftliche Lebensgrundlage bedroht wird. Diese Betroffenheit liegt bei Scheidungskosten aber gemäß BFH nicht vor. Ein Abzug ist somit grundsätzlich nicht mehr möglich.
Abschreibungsrecht des Nichteigentümer-Ehegatten bei betrieblicher Nutzung des Ehegattengrundstücks
Die steuerliche Berücksichtigung der Absetzung für Abnutzung (AfA) eines vom Nichteigentümer-Ehegatten betrieblich genutzten Gebäudeteils setzt voraus, dass dieser auch die Anschaffungskosten getragen hat. Ein Ehepaar erwarb gemeinsam ein Haus, das in Wohnungseigentum aufgeteilt wurde. Das Erdgeschoss wurde der Ehefrau zugeordnet und an den Ehemann vermietet. In diesen Räumen betrieb der Ehemann eine Praxis. Zur Finanzierung hatte die Ehefrau Darlehen aufgenommen, für die sich der Ehemann verbürgte und mit dem das gesamte Grundstück belastet wurde. Zins und Tilgungsleistungen für dieses Darlehen wurden von einem gemeinsamen Konto der Eheleute erbracht. Das Finanzamt erkannte das Mietverhältnis nicht an. Der Ehemann machte deshalb die Schuldzinsen für das Darlehen, die Gebäudeabschreibung und andere laufende Aufwendungen, soweit sie auf die betrieblich genutzten Räume entfielen, als Betriebsausgaben geltend.
Auch das lehnte das Finanzamt ab.
Der Bundesfinanzhof bestätigte, dass weder AfA noch Schuldzinsen gewinnmindernd zu berücksichtigen sind. Dem Grundsatz der persönlichen Leistungsfähigkeit folgend, muss ein Steuerpflichtiger die durch den Betrieb veranlassten Aufwendungen persönlich tragen. Auch im Fall er Zusammenveranlagung ist Steuersubjekt der einzelne Steuerpflichtige. Im geschilderten Fall hatte der Ehegatte die geltend gemachten Aufwendungen nicht selbst getragen. Die Rückzahlung des Darlehens wurde zwar vom Oderkonto, aber für Rechnung der Ehefrau geleistet, da diese allein gegenüber der Bank aus dem Darlehensvertrag verpflichtet war. Zahlungen von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten gelten jeweils für Rechnung desjenigen geleistet, der den Betrag schuldet, so das Gericht.
Erste Tätigkeitsstätte von Piloten und Flugbegleitern
Für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist nur der Ansatz der Entfernungspauschale als Werbungskosten möglich. Diese Pauschale beträgt 0,30 € für jeden vollen Entfernungskilometer.
Die erste Tätigkeitsstätte ist i.d.R. die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die dauerhafte Zuordnung wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie Absprachen oder Weisungen des Arbeitgebers bestimmt.
In einem Verfahren vor dem Hessischen Finanzgericht war streitig, wo ein angestellter Pilot und eine angestellte Flugbegleiterin ihre erste Tätigkeitsstätte haben. In den Arbeitsverträgen waren sie einem bestimmten Flughafen („Home Base“) zugeordnet. Diesen Flughafen suchten sie zu Beginn eines Arbeitstags i. d. R. auf, um von dort ihre Einsätze zu beginnen. Das Finanzgericht entschied, dass der Flughafen, dem der Pilot und die Flugbegleiterin arbeitsvertraglich zugeordnet sind, die erste Tätigkeitsstätte ist. Die Fahrten zwischen Wohnung und „Home Base“ können folglich nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt werden.Der Bundesfi nanzhof muss abschließend entscheiden.
Umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung auch bei fehlendem Umsatz im Gründungsjahr anzuwenden
Als sog. Kleinunternehmer werden im Umsatzsteuerrecht Unternehmer bezeichnet, deren Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer im Vorjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen wird. Kleinunternehmer dürfen keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, können gleichzeitig aber auch keinen Vorsteuerabzug aus ihren Eingangsrechnungen geltend machen.
Das Thüringer Finanzgericht hat entschieden, dass die Umsatzgrenze von 17.500 € auch maßgeblich ist, wenn im Gründungsjahr lediglich Vorbereitungshandlungen, aber noch keine Umsätze getätigt werden. Der Unternehmerbegriff sei für Zwecke der Kleinunternehmerregelung ebenso auszulegen wie für Zwecke des Vorsteuerabzugs.
Beispiel: A gründet im Dezember 2015 ein Unternehmen, indem er einen Büroraum anmietet, Bürogegenstände einkauft und erste Konzepte erarbeitet. Ausgangsumsätze werden erstmals in 2016 in Höhe von 30.000 € getätigt. Auch ohne Erzielung von Einnahmen ist A aufgrund der Vorbereitungshandlungen bereits in 2015 Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne. Da sein Umsatz in 2015 0 € beträgt und im Folgejahr über 17.500 €, aber unter 50.000 € liegt, kann er die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Auf seine Umsätze des Jahrs 2016 wird keine Umsatzsteuer erhoben. Eines Antrags bedarf es hierfür nicht. Lediglich der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung ist gegenüber dem Finanzamt zu erklären. Wäre A erst ab 2016 als Unternehmer anzusehen, käme die Kleinunternehmerregelung nicht zur Anwendung, da die Umsätze in diesem Jahr über 17.500 € liegen.
Ergänzung zu unserem Newsletter September / Oktober /2017 – Abzugsverbot für pauschale Einkommensteuer auf Geschenke
Die 35€-Grenze bei Geschenken an Geschäftsfreunde gilt weiter ohne Einberechnung der Pauschalsteuer. Dies hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) auf Nachfrage vom Bundesfinanzministerium erfahren. Zwar wird das Urteil des BHF im Bundessteuerblatt veröffentlicht und ist damit für alle Finanzbeamten bindend, aber es wurde eine Fußnote gesetzt. In dieser wird auf das Verwaltungsschreiben vom 19. Mai 2015 verwiesen. Das heißt, für den Betriebsausgabenabzug (35 Euro-Grenze) ist weiterhin allein der Geschenkewert maßgeblich.
Kindergeld bis zum angestrebten Berufsziel
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat in einem bislang noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 28.06.2017 entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld nicht dann schon endet, wenn das Kind (vor Erreichen des 25. Lebensjahres) einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht hat, sondern erst dann, wenn das von Beginn an angestrebte Berufsziel einer mehrgliedrigen Ausbildung erreicht ist. Grundsätzlich sind nach Abschluss einer Erstausbildung nur bestimmte Formen der Erwerbstätigkeit unschädlich für den Bezug von Kindergeld (z.B. wöchentliche Arbeitszeit max. 20 Stunden, Ausbildungsdienstverhältnis oder geringfügige Beschäftigung).
Im entschiedenen Urteil hat die 1991 geborene Tochter der Klägerin die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf „Immobilienkauffrau“ bestanden und anschließend an dem Lehrgang „geprüfte Immobilienfachwirtin“ teilgenommen. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen der Abschlussprüfung zur Immobilienkauffrau sowie eine anschließende einjährige Praxisphase. Die Familienkasse lehnte den Antrag auf Kindergeld für die Zeit ab August 2015 ab, mit der Begründung, dass die Tochter bereits im Juli 2015 ihre erste Berufsausbildung abgeschlossen und sodann eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Das FG gab der Klägerin Recht, dass das von Beginn an angestrebte Berufsziel noch nicht erreicht wurde und die Praxisphase in Vollzeit Voraussetzung für die Weiterbildung ist.
Das Kindergeld ist somit bis Dezember 2016 (Vollendung 25. Lebensjahr) zu bezahlen. Die Erstausbildung ist somit nicht schon mit dem erfolgreichen Abschluss im Ausbildungsberuf „Immobilienkauffrau“ beendet worden, sondern erst mit dem weiterqualifizierenden Abschluss „geprüfte Immobilienfachwirtin“. Dieses Berufsziel wurde von Anfang an angestrebt, konnte jedoch erst über den Ausbildungsberuf erreicht werden. Da die Erstausbildung nicht im Juli 2015 endete, ist ihre Erwerbstätigkeit ab August 2015 somit unschädlich.